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Das Institut für Geologie und Paläontologie an der Grazer Universität

von Bernhard Hubmann (bernhard.hubmann(at)uni-graz.at)

(1) Die Anfänge erdwissenschaftlicher Ausbildungsstätten in Graz

(1.1) Die "alte" Universität

Die Gründungsabsicht der "ersten" Alma Mater Graecensis (Gründungsurkunde vom 1. Jänner 1585) ist im Kontext mit gegenreformatorischen Bestrebungen des Erzherzogs Karl II. und seiner Gattin Maria von Bayern zu sehen. Mit päpstlicher (1. Jänner 1586 durch Sixtus V.) und kaiserlicher (29. April 1586 durch Rudolf II.) Bestätigung erfolgte die Erhebung des 1573 gegründeten Jesuitenkollegs zur Universität als eine typische konfessionelle Gründung der Gegenreformation.

Die Universität, die bis 1773 von den Jesuiten geführt wurde, bestand aus einer theologischen und einer "artistischen" (philosophischen) Fakultät. Das Fehlen einer juridischen und medizinischen Fakultät wurde früh als Mangel empfunden, die Jesuiten waren aber offensichtlich nicht für Neuerungen zu bewegen.

Im zweiten Jahrgang der philosophischen Fakultät wurde allgemeine, besondere und experimentelle Physik mit Mechanik, Ethik und Naturrecht gelehrt. Innerhalb des Physikunterrichts ist seit den 60er Jahren des 18. Jahrhunderts Mineralogieunterricht nachweisbar: Im Mai 1761 ist von der Erwartung einer "Cultivierung des studium de regno mineralium" die Rede, im März 1763 davon, daß den "Professoribus philosophiae mitgegeben wird, das studium mineralium teutsch zu tradiren und Jedermann zu admittiren". Ein Jahr später, 1764, publizierten die beiden Jesuiten-Professoren Nikolaus Poda (1723-1798), ein Mathematiker an der Universität, der unter anderem auch in Schemnitz an der Bergschule (heute: Banská Štiavnica, Slowakische Republik) studiert hatte und Leopold Biwald (1731-1805) die erste Beschreibung steirischer Mineralien. Diese Mineralien waren Teil eines "Naturhistorischen Museums", welches von Poda gegründet worden war und im "Mathematischen Thurm", dem astronomischen Observatorium der Grazer Jesuiten-Universität ("specula Astronomiae") untergebracht war. Der "Ex-Jesuit" (1773 wurde der Jesuitenorden durch Papst Clemens XIV. aufgelöst) Biwald war es, der in einem Promemoria vom 5. Juli 1775 den Plan eines naturgeschichtlichen Museums der Steiermark ("Museum rerum naturalium Styriae") in Verbindung mit einem dreijährigen Jahrgang naturgeschichtlichen Studiums entwickelte. Dabei sollte in je einem Jahr das Mineral-, das Pflanzenreich- und das Tierreich, wohl in Anlehnung an Carl Linnés "Systema Naturae per Regna tria" zum Vortrag kommen. Dazu kam es leider nicht. Vielmehr wurde "die in dem ehemaligen Jesuiten-Collegium vorfindliche "unbrauchbar erliegende" Mineralien- und Insecten-Sammlung ins Universitäts-Inventar" eingegliedert. Hand in Hand mit diesem Entscheid ging der Niedergang des "mathematischen Turmes", jenes "prächtigen Gebäudes" und "Zierde hiesiger Universität", die "mit sehr großen Unkösten erbaut und eingerichtet worden" war. 1787 kam es zur Schleifung.

Nach der Umwandlung der "alten" Universität in ein Lyceum unter Joseph II. im Jahr 1782 hielt Biwald weiterhin seinen Unterricht in Physik, worin die "Mineralogie" ihren Platz fand, bis 1786 ab. Generell fanden die Naturwissenschaften aber nur wenig Förderung, hatte doch das Lyceum nur die Aufgabe die Ausbildung von Priestern, Juristen und Wundärzten zu ermöglichen.

Damit machte sich ein Vakuum naturwissenschaftlich-technischer Disziplinen breit, in das die Gründung des "Joanneum" fällt. Hand in Hand mit der Gründung des "joanneischen" Museums und der Lehranstalt, aber auch mit der änderung der Situation, daß nicht mehr die Naturwissenschaften "einer weltanschaulichen Kontrolle" unterlagen.

(1.2) Joanneum

Das Joanneum wurde, wie die "derivatio nominis" der Institution erkennen läßt, von Erzherzog Johann (-) von österreich gestiftet. Die Idee der Gründung eines "National-Institutes" hatte der Erzherzog schon Jahre zuvor für Innsbruck gehegt, der Plan ließ sich aber aus politischen Gründen, die schlußendlich mit dem Krieg von 1809 (Tiroler Aufstand) zusammenhängen, nicht verwirklichen. Bereits 1808 hatte Erzherzog Johann die Absicht, "zur Aufstellung seiner Bibliothek und sonstigen werthvollen Sammlungen sich in Graz ein Haus anzukaufen". Datiert mit 31. Jänner 1809 legte Erzherzog Johann seinem kaiserlichen Bruder Franz I. einen "Plan in Rücksicht der Errichtung eines Museums am Lyceo zu Gratz" vor. Dieser Plan, der, wie betont wird, allein der Absicht dienen soll, "die Ausbildung der Jugend Steiermarks zu befördern", enthält zwei Schritte. Zum einen sollte es zur Schenkung der bislang in den Räumlichkeiten des Schlosses Schönbrunn in Wien untergebrachten privaten Sammlungen an das Land "zum Gebrauche des Lyceums" kommen, zum anderen machte Erzherzog Johann auf noch zu lösende personelle Mängel aufmerksam. Letztere betrafen "einen Professor der Technologie, Chemie und Botanik [...], einen Platz zu einem botanischen Garten, und zu dessen Aufsicht einen Gärtner". Der Kaiser stimmte dem ersten Teil des Projektes zu, sah aber von der Errichtung neuer Professuren ab. Am 1. März 1809 erhielt das k.k. steiermärkische Gubernium von der Hofkanzlei Mitteilung vom Vorhaben Erzherzog Johanns; dieses informierte am 22. März die Stände des Landes und bereits in der ständischen Ratssitzung vom 1. April 1809 wurde über die Beschaffung eines geeigneten Lokals, eines Professors der Chemie, Botanik und Technologie (welcher alle drei Gegenstände am Lyceum zu lehren habe!) und einen Gärtner für den botanischen Garten beraten.

Am 16. Juli 1811 kam es zur Ausstellung der Schenkungs- bzw. Stiftungsurkunde. Bereits "in seinen ersten Anfängen bestand es aus einer Bibliothek, einem Archiv, einem Münz- und Antikenkabinett, einem naturhistorischen Museum und einem botanischen Garten, bald wurden auch wissenschaftliche Vorträge gehalten und Lehrkanzeln errichtet."

(1.3) "Karl-Franzens-Universität"

Durch kaiserliche Entschließung vom 26. Jänner 1827 kam es zur "Wiedererhebung" der Grazer Universität und am 19. April dieses Jahres zur feierlichen Wiedereröffnung der neuen Universität, die sich auserbeten hatte "Universitas Carolo-Franciscea" zu nennen. Erst mit Ministerial-Erlaß vom 21. Oktober 1852, "zu Gunsten der Selbständigkeit der Lehrkanzeln der Botanik und Mineralogie", wurde die mit 17. November 1846 durch kaiserlichen Erlaß die "Verquickung der Naturgeschichte mit der Lehrkanzel der Physik gelöst". Nach Abgang des nur kurz an der Universität wirkenden, für Naturgeschichte berufenen Ludwig Karl Schmarda (1819-1908) kam es einige Jahre hindurch zu Supplierungen. Schließlich wurde am 31. August 1857 die zoologische Lehrkanzel besetzt und mit 1. Oktober 1861 Victor Leopold Ritter von Zepharovich (1830-1890) als Mineralogieprofessor berufen. Die Botanik dagegen kam erst 1876 zur Besetzung; sie wurde 1871 durch ein zweites Ordinariat mit Constantin von Ettingshausen und 1885 durch ein Extraordinariat mit Gottlieb Haberlandt erweitert.

Seit 1. Oktober 1861 existiert also die Lehrkanzel für Mineralogie an der Grazer Universität, als Zepharovich durch allerhöchste Entschließung vom 3. September 1861 der Grazer Universität provisorisch zugewiesen wurde.

Kaum zweieinhalb Jahre danach, mit Erlaß vom 28. Februar 1864 wurde Carl Ferdinand Peters als ordentlicher Professor "für die Nominalfächer Mineralogie und Geologie" nach Graz berufen. Mit ihm, der "nicht nur Mineraloge im engeren Sinne, sondern [...] auch in der Geologie und Paläontologie auf der Höhe der Wissenschaft" war, beginnt die Geschichte der Erdwissenschaften in Forschung und Lehre an der Karl-Franzens-Universität.

Carl Ferdinand Peters vertrat die Mineralogie und Geologie an der Grazer Universität bis 1876 alleine. Erst "mit allerhöchster Entschließung vom 8. Juni 1876 wurden Dr. Cornelio Doelter und Dr. Rudolf Hoernes, der erstere zum außerordentlichen Professor der Mineralogie und Petrographie, der letztere zum außerordentlichen Professor für Geologie und Palaeontologie mit der Rechtswirksamkeit vom 1. October 1876 ernannt und damit auch die Trennung der von ihnen geleiteten beiden Institute angebahnt".

Daß die Teilung der ursprünglichen Lehrkanzel in ein "Mineralogisch-Lithologisches" und ein "Geologisch-Paläontologisches" Institut nicht gleich erfolgte, geht aus der gemeinsamen Eingabe von Peters und Hoernes an das Ministerium hervor, in dem die Abtrennung der geologischen Sammlungen und Teile der Bibliothek erbeten wurde. Mit Erlaß vom 3. Juli 1878 wurde dieser Antrag genehmigt. Am 9. Jänner 1879, "dem Zeitpunkte der übergabe dieses abgetrennten Theiles [...] kann man eigentlich erst den selbständigen Bestand eines geologischen Institutes der Universität constatieren".

Am 20. Juni 1876 wurde die durch Peters beantragte Zumietung von Räumlichkeiten für das "Mineralogisch-geologische Institut" im zweiten Stock des Hauses Nr. 4 (heute: Nr. 5) am Karmeliterplatz und die dafür notwendigen Adaptierungsarbeiten durch die Steiermärkische Statthalterei genehmigt. Hier, im zweiten Stock, war das "neue" Geologische Institut von Hoernes für die folgenden zweieinhalb Jahre untergebracht (im gleichen Haus waren zudem noch neben privaten Räumlichkeiten der Familie Peters die Zoologie und die Phytopaläontologie untergebracht!).

Im Juni 1881 übersiedelten das Geologische und Mineralogische Institut in die ehemaligen Räumlichkeiten des Akademischen Gymnasiums in die Burggasse 9 und 11.

Der nächste Umzug stand bevor, als zufolge "hohen Ministerial-Erlasses vom 23. December 1889, Z. 25074, [...] das geologische Institut in einen Theil der [...] frei werdenden Räume im "Exjesuitengebäude" zu übersiedeln" hatte. Das Mineralogische Institut zog ebenfalls provisorisch in das gleiche Gebäude.

Ende Oktober 1894 erfolgte der Beginn der übersiedlung des Geologisch-Paläontologischen Institutes in das neue Universitätsgebäude. Die zugewiesenen Räume im südlichen Trakt des Hauptgebäudes der "heutigen" Universität beherbergten über 70 Jahre das "Geologische Institut". Nach ursprünglicher Planung sollten auch weitere naturwissenschaftliche Institute im Hauptgebäude der Universität untergebracht werden, darunter auch das Mineralogische Institut und die phytopaläontologische Sammlung. Das Mineralogisch-Petrographische Institut blieb aber noch bis 1897 im Gebäude der alten Universität in der Bürgergasse 2, ehe der Umzug in das "Naturwissenschaftliche Institutsgebäude" erfolgte.

Während sich das heutige "Institut für Mineralogie, Kristallographie und Petrologie" nach wie vor am Universitätsplatz 2 befindet, erlebte das "Institut für Geologie und Paläontologie" im Oktober 1968 einen nochmaligen Umzug in das neu errichtete Gebäude in der Heinrichstraße 26.

(1.4) "Erzherzog Johann Universität"

Als am 11. Juli 1811 Erzherzog Johann den steirischen Ständen über die von ihm gespendeten Sammlungen eine Schenkungsurkunde ausstellte, war seitens des Prinzens nicht an eine museale Institution alleine gedacht. "Der Unterricht, der sich aus diesem Institute in alle Stände der Gesellschaft, in alle Zweige des bürgerlichen Verkehrs verbreiten soll, war und ist der Hauptzweck dieser Stiftung" schrieb Georg Göth anläßlich des 50jährigen Jubiläums des Joanneums. Auf diese Intention wurde bereits im ersten, 1812 erschienenen Jahresbericht, den Erzherzog Johann selbst "kritisch" redigierte, hingewiesen.

Der Unterricht wurde zu Beginn vor einer zahlenmäßig fluktuierenden "Anzahl Zuhörer aller Stände und jeden Alters" gehalten, die nur Gäste der Vorträge waren. "Damit aber ein bleibendes Auditorium geschaffen werde", sprachen sich die Stände am 12. Juli 1812 in einer Eingabe an das Landesgubernium für die Integration dieser Vorlesungen in das Studium für Aspiranten eines Postens am Land aus.

Als sich die Unterrichtstätigkeit in den naturwissenschaftlichen und technischen Fächern immer intensiver entwickelte, wurde die "Lehranstalt" 1865 zur "Steiermärkischen Landschaftlichen Technischen Hochschule" erhoben. 1874 wurde diese dann vom Staat als "Kaiserlich-Königliche Technische Hochschule in Graz" übernommen. Dadurch ergab sich eine Abtrennung der "Technik" und es verblieb somit der 1811 durch Erzherzog Johann ins Leben gerufenen Anstalt nur die Bibliothek und die musealen Sammlungen. Diese Situation brachte es mit sich, ein "Landesmuseum" auszugestalten. Vier Jahre nach der "Abtrennung" der Technischen Hochschule erfolgte die Einführung der Staatsprüfungen (1878) an dieser Anstalt. Am 5. Oktober 1881 kam es zum Landtagsbeschluß, wonach dem Staat die Benutzung des Joanneums zur Unterbringung der Technischen Hochschule nur noch bis Ende des Jahres 1884 eingeräumt werden könne. Bereits im Dezember 1877, im Vorfeld des Neubaus der Universität, wurde von der Grazer Tagespost ein räumlicher Zusammenschluß der Universität und der Technischen Hochschule angeregt. Obwohl der Akademische Senat dieses Projekt in der Sitzung vom 21. Jänner 1878 ablehnte, wurde am 12. November 1883 durch Erlaß der Statthalterei dem Akademischen Senat "die äußerung über das vom Ministerium (Erlass vom 1. Nov.) in Aussicht genommene Project der räumlichen Vereinigung der Universität und der technischen Hochschule auf den Univ.-Neubau-Gründen abverlangt". Mit 6. April 1884 wurde das Projekt per Ministerialerlaß definitiv fallen gelassen und an dem ursprünglichen Plan des Neubaus der Technischen Hochschule auf den Gründen in der Rechbauerstraße festgehalten. 1888 kam es zur Fertigstellung des Neubaus der Technischen Hochschule auf dem Gelände des ehemaligen Schlößchens des Grafen Mandell. 1901 wurde der "Technik" in Graz das Promotionsrecht zuerkannt.

Den Beinamen "Erzherzog-Johann-Universität" erhielt die Grazer Technische Universität zu Ehren des Gründers im Jahr 1976.

Kontakt

Ao.Univ.-Prof. Dr.phil.

Bernhard Hubmann

Institut für Erdwissenschaften
Telefon:+43 316 380 - 5586


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